Editorial

Verödung einer öden Telco-Landschaft


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/12

     

Während der vergangenen Wochen durfte ich mich öfters mal mit dem Orange-Kundendienst herumschlagen. Die Diskussionen mit den jeweiligen Kunden-beratern – sofern ich es denn geschafft hatte, eine Person aus Fleisch und Blut anstelle einer Stimme vom Band an den Apparat zu kriegen – liefen, gelinde gesagt, eher zu meinen Ungunsten ab. Nur logisch, dass ich mir überlegt hatte, meinen Anbieter zu wechseln. Zwar ist die Auswahl an Telekomanbietern auch heute nicht riesig hierzulande, doch zumindest kann man als absprungwilliger Orange-Kunde noch zwischen teuer und zuverlässig (Swisscom) sowie günstig und na ja (Sunrise) wählen.

Seit vergangenem Donnerstag ist jedoch alles anders. Orange und Sunrise fusionieren, und der Schweizer Telekommarkt – schon bis anhin nicht durch knallharten Wettbewerb gesegnet – verödet noch mehr. Zwar werden die Orange- und Sunrise-Oberen nicht müde, zu betonen, wie stark der Kunde von der Fusion profitieren wird und welche Vorteile für ihn entstehen werden. Doch seien wir ehrlich: Dass sich ein Wettbewerb intensiviert, wenn weniger Mitspieler daran teilnehmen, widerspricht jeglicher volkswirtschaftlicher Logik. Schliesslich haben Migros und Coop ihre Preise auch erst gesenkt, als sich neue Player à la Aldi und Lidl auf den Markt gedrängt haben.


Und so fragt man sich, wer denn letztlich von der Fusion profitieren soll. Die Kunden? Zweifelhaft! Die Mitarbeiter der Unternehmen? Sowieso nicht – denn ein Teil von ihnen wird wohl oder übel auf die Strasse gestellt. Im Management-Jargon von Orange-CEO Thomas Sieber heisst das übrigens «Optimierungen bei der Workforce»! Die Konkurrenz? Bestimmt, denn mit Sicherheit werden ein paar ehemalige Sunrise-Kunden zur Swisscom wechseln. Und schliesslich ist es einfacher, sich mit einem Konkurrenten abzuspr... ähhm... herumzuschlagen als mit zweien! Sicher nicht unglücklich dürften auch die Aktionäre sein. Zumindest sind die Aktien aller beteiligten Player nach Bekanntgabe der Fusion schon mal gestiegen – und werden sicher weiter steigen, wenn mal der erste Stellenabbau kommuniziert wurde.

Und so frage ich mich schon, warum ein an sich gesundes Unternehmen vom Schweizer Markt verschwinden muss, Mitarbeiter zum Wohl der Gewinnmaximierung und des Börsenkurses auf die Strasse gestellt werden und die Angebotsvielfalt in der Schweiz beschnitten wird. Denn, dass die Behörden den Deal absägen werden, das ist zu bezweifeln. Schliesslich meinte Telekom-Regulator Marc Furrer im Oktober in einem Interview mit «Cash» hellseherisch, dass man eine mögliche Fusion «gemeinsam mit der Wettbewerbskommission wohlwollend» prüfen müsste und dass der Wettbewerb besser und stärker wäre, wenn in der Schweiz im Mobilbereich ein Wettbewerber mit weniger als 60 und einer mit mehr als 40 Prozent Marktanteil zu finden wären. Hoffen wir, dass Furrers hellseherische Fähigkeiten bezüglich mehr Wettbewerb genauso gut ausgebildet sind wie die bezüglich Fusionen im Telco-Bereich. Denn im Moment sieht die Situation nach Verödung eines ohnehin schon viel zu öden Marktes aus. (mw)


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