UZH-Studie: Die wenigsten Online-Hetzer bleiben anonym

Die Anonymität im Netz aufzuheben, könnte paradoxerweise zu noch mehr Online-Hasskommentaren führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Universität Zürich.
25. Juli 2016

     

Die Möglichkeit im Netz anonym aufzutreten, so die gängige Meinung, lässt die Hemmschwelle beim Posten von Hasskommentaren sinken. Die Universtität Zürich (UZH) ist dieser Annahme nachgegangen. Die Studie der Forschenden kommt zum Ergebnis: Das stimmt so nicht. Denn tatsächlich bilden anonym auftretende Online-Hasser zunehmend die Regel statt die Ausnahme.

Das Team hat im Rahmen der Studie unter der Leitung von Katja Rost vom Soziologischen Institut 500'000 sozialpolitische Kommentare aus rund 1'600 Online-Petitionen der deutschen Plattform Openpetition.de zwischen 2010 und 2013 untersucht. Die Verfasser von Hasskommentaren, die unter vollem Namen posten, waren dabei häufiger vertreten als die anonymen Hasskommentatoren.


"Als Mittel für eine zivilisierte digitale Diskussionskultur ertönt häufig der Ruf, die Anonymität im Internet abzuschaffen", kommentiert Soziologie-Doktorandin Lea Stahel die Untersuchung. "Gemäss der gängigen Meinung enthemme Anonymität die Menschen bei offensichtlich unrechten Taten, weil sie ihre Selbstverantwortung abstreifen könnten und sie vor unmittelbaren Konsequenzen schütze."

Ungestraft davonkommen

Das Gegenteil sei der Fall, schreibt die Universität Zürich in einer Mitteilung: Viele Online-Hasser hielten es nicht für nötig, sich zu verstecken. Nicht zuletzt könnten die meisten davon ausgehen, dass aggressives Verhalten im Netz kaum je geahndet werde. Es werde zudem als sehr unwahrscheinlich erachtet, dass ein viel beschäftigter Politiker oder ein angeschlagenes Unternehmen gerade ihn verklagen würde, wenn eine ganze Flut von Beleidigungen die Betroffenen überschwemmt habe, meint Lea Stahel.


Zudem würden Hasskommentatoren andere Nutzer leichter überzeugen, wenn sie mit richtigem Namen auftreten, weil der Eindruck entsteht: Der steht zu seiner Meinung. "Die Abschaffung der Anonymität führt daher nicht automatisch zum Verschwinden von Hass-Stürmen, sondern möglicherweise gar zu deren Zunahme", gibt Stahel zu bedenken. Und dies, wo Hasskommentare in sozialen Medien innert Kürze die Reputation einer Person oder eines Unternehmens stark beschädigen können. (aks)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wieviele Fliegen erledigte das tapfere Schneiderlein auf einen Streich?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER