PDC 09 im Zeichen der Cloud

Windows Azure startet im Januar 2010
3. Dezember 2009

     

von Urs Bertschy

Mitte November hatte Microsoft zur Entwicklerkonferenz PDC 09 (Professional Developer Conference) nach Los Angeles geladen, um Entwicklern einen frühen Ausblick auf kommende Produkte und Plattformen zu geben. In diesem Jahr haben die Redmonder erstmals mit der Tradition gebrochen, über Technologien zu sprechen, die erst mittel- bis langfristig auf den Markt kommen sollen. Praktisch alle Neuankündigungen (mit Ausnahme von Internet Explorer 9) werden bereits im kommenden Jahr lanciert. Wer Informationen zu Windows 8, .NET 5 oder Windows Mobile 7 oder eine echte Überraschung erwartet hatte, wurde dieses Jahr enttäuscht.



Azure startet im Januar

Auch in diesem Jahr waren Microsofts Anstrengungen im Bereich Cloud Computing das ganz grosse Thema der Konferenz. Chefarchitekt Ray Ozzie unterstrich denn auch in seiner Keynote, welche wichtige Rolle die Cloud in der Zukunft spielen wird: «Wir begeben uns in eine Ära, in der sich Lösungen über PCs, Mobiltelefone und Geräte aus der Unterhaltungselektronik hinaus erstrecken und aus Datenzentren mit einheitlichen Anwendungen und Inhalten versorgt werden.» In Anspielung auf die hauseigene «Software-plus-Service»-Strategie erklärte er weiter, dass es für Entwickler wichtig sei, bei der Plattform (On-Premise oder Cloud) sowohl die Wahl als auch eine möglichst hohe Flexibilität zu haben.


Stolz verkündete Ray Ozzie den produktiven Start der im Vorjahr angekündigten Cloud-Plattform Windows Azure. Diese soll am 1. Januar 2010 ihren kommerziellen Betrieb aufnehmen. Für die Azure-Plattform wird Microsoft weltweit sechs Data Centers in Betrieb nehmen, wovon je zwei in den USA, Europa und Asien stationiert sind. Redmonds Cloud-Angebot wird ab Januar auch aus der Schweiz nutzbar sein.


Virtual Machines in der Cloud

Neben der offiziellen Inbetriebnahme lieferte Microsofts Chefvisionär auch einen Überblick über die für das nächste Jahr geplanten Neuerungen rund um Azure. Die wohl interessanteste ist, dass man Windows Azure künftig auch in Form von selbst konfigurierbaren virtuellen Maschinen (ähnlich bei Amazon EC2) wird nutzen können. Anwender erhalten dazu Administrationsrechte sowie Remotezugang und können so fast beliebig Software einrichten und in der Cloud betreiben. Die Azure Virtual Machines werden auf Windows Server 2008 basieren und voraussichtlich in vier Varianten mit unterschiedlichen Kapazitäten (1 bis 8 Prozessoren, 1,75 bis 14 GB RAM und 225 bis 2040 GB Storage) angeboten. Windows Azure X Drive wird es erlauben, virtuelle Harddisks als Blobs (Binary Large Objects) in der Cloud zu speichern und von einer VM aus zu mounten. Einmal mehr wurde in der Keynote unterstrichen, dass auf der Azure-Plattform auch Nicht-Microsoft-Technologien wie PHP, Java, MySQL oder Apache betrieben werden können.



Daten zum Anzapfen

Vorgestellt wurde auch das neue Portal Microsoft Pinpoint, das Entwicklern dabei helfen soll, eigene Azure-Services und -Anwendungen zu vermarkten. Ergänzt wird das Portal durch einen neuen Dienst mit dem Codenamen «Dallas», über das Unternehmen (z.B. NASA, Associated Press) ihre Datenbestände zur Nutzung in anderen Anwendungen anbieten können. «Dallas», das selber auf Windows Azure und SQL Azure betrieben wird, stellt dazu einen Katalog sowie die entsprechenden APIs, Abrechnungsmechanismen und Konsolidierungsfunktionen für die Zusammenführung für Daten unterschiedlicher Dienstleister bereit.


Microsofts Cloud-Datenbank SQL Azure wird neu um einen Datensynchronisationsdienst erweitert. Mit diesem lassen sich Daten zwischen On-Premise- und Cloud-Anwendungen abgleichen. Zudem soll SQL Azure im nächsten Jahr um neue Features wie Datenbank-Snapshots, Backup/Restore und Datenbankkapazitäten von bis zu 50 GB ausgebaut werden.


AppFabric: Neuer Applikationsserver

Microsofts nächster Applikationsserver wird künftig unter dem Markennamen AppFabric firmieren. AppFabric wird sowohl On-Premise (auf Windows Server) als auch in der Cloud (auf Windows Azure) Basisdienste für den Betrieb von Anwendungen und Services bieten. Der neue Applikationsserver umfasst unter anderem die als «Dublin» (für das Hosting von WebServices und Workflows) und «Velocity» (hochskalierbarer Cache) bekannten Projekte als auch die bislang unter dem Überbegriff .NET Services geläufigen Dienste wie .NET Service Bus und .NET Access Control.


Spannend war die Demonstration einer künftigen, Cloud-fähigen Variante des Management-Tools System Center, die es möglich machen soll, Cloud-Anwendungen nicht nur ganzheitlich zu modellieren, sondern diese auch auf Azure zu installieren und zu überwachen.



IE9 und Silverlight 4

Für den zweiten Konferenztag war mit grosser Spannung die Ankündigung des nächsten Internet Explorers erwartet worden. Zur grossen Enttäuschung der Anwesenden gab Microsoft aber nur wenige Infos zu IE9 preis. Gezeigt wurde die neue Rendering-Engine des Browsers, die nun die lokal vorhandenen Grafikchips (via Direct2D und DirectWrite) für die performantere und optimierte Darstellung von Inhalten nutzen soll. Microsoft hat zudem erklärt, man wolle die HTML-5-Spezifikation unterstützen und die Geschwindigkeit der Javascript-Engine verbessern.


Mit Silverlight 4 wurde in der zweiten, doch eher etwas trägen Keynote dann doch noch ein echtes Highlight vorgestellt. Die Version 4 des RIA-Browser-Plug-ins wartet mit breiterem Hardware-Support und einem besseren Out-of-Browser-Betrieb auf. Unterstützt werden neu Webcams, Mikrofone, Barcode-Scanner, die rechte Maustaste und das Mausrad. Ausserdem wird man künftig direkt aus Silverlight-Applikationen heraus drucken und Daten via Clipboard oder Drag & Drop mit anderen Anwendungen austauschen können. Zu den weiteren Neuerungen zählen ein Control für HTML-Rendering, Google-Chrome-Support und eine stärkere Angleichung an das Feature-Set der Windows Presentation Foundation (WPF). Silverlight 4 ist bereits als Betaversion verfügbar und soll im ersten Halbjahr 2010 in seiner finalen Form erscheinen.


TechEd Europe 2009: Mehr IT-Effizienz, reduzierte Kosten

Mit rund 7200 Besuchern ging in der zweiten Novemberwoche in Berlin die europäische Ausgabe der TechEd über die Bühne. Nachdem die Konferenz in den letzten drei Jahren in auf Infrastruktur- und Entwicklerthemen aufgetrennter Form über zwei Wochen hinweg stattfand, wurde die diesjährige Ausgabe wieder in kombinierter Form durchgeführt.



Highlight Exchange-2010-Start

Die Keynote, die über weite Strecken von Stephen Elop, President Microsoft Business Division, abgehalten wurde, stand ganz im Zeichen von mehr Effizienz bei der Abwicklung von Geschäftsprozessen und den angeblich zahlreichen Kosteneinsparungen, die Unternehmen mit der neuesten Generation von Microsoft-Produkten erzielen könnten. So erklärte Elop, dass Kunden mit den neuen Features in Exchange 2010 in der Lage seien, bis zu 70 Prozent an Kosten einzusparen. Passend dazu konnte er denn auch die sofortige Verfügbarkeit von Exchange 2010 (siehe ausführlicher Artikel ab Seite 57) sowie Forefront Protection 2010 für Exchange bekanntgeben.


In der speziell für Entwickler von Jason Zander, General Manager Developer Division, abgehaltenen Mini-Keynote, gab es kaum nennenswerte News. Diese hatte sich Microsoft für die Professional Developer Conference, die in der darauffolgenden Woche in Los Angeles stattfand, aufgespart. Immerhin konnte Zander mit der Übernahme der TeamPrise-Produktpalette von SourceGear eine kleine Neuigkeit verkünden. Mit den TeamPrise-Produkten, die demnächst einen neuen Namen erhalten werden, lassen sich Entwicklungsumgebungen unterschiedlicher Plattformen wie zum Beispiel Eclipse an den Visual-Studio-TeamFoundation-Server anbinden. In einer Session wurde zudem erstmals die Beta 2 von ASP.NET MVC 2 öffentlich gezeigt, die nun mehr Modularität und bessere Unterstützung für Validierung bietet.


Bei den Vorträgen dominierten ebenfalls Infrastruktur-Themen rund um Windows 7, Windows Server 2008 R2 und Exchange 2010. Für Entwickler gab es eine ganze Reihe Sessions zu .NET 4.0 und Visual Studio 2010 (insbesondere Team System). Auch das erst Mitte Oktober vorgestellte SharePoint 2010 wurde mit rund 20 Vorträgen recht gut abgedeckt. An allgemeinen IT-Themen standen vor allem Cloud Computing, Business Intelligence (BI) und Security im Vordergrund.



Urs Bertschy ist Inhaber der auf Web- und SharePoint-Consulting/-Development spezialisierten Bertschy Informatik AG. Er unterhält einen Technologieblog der sich vor allem SharePoint- aber auch anderen IT-Themen widmet.




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